Time – Alen Watts

Kozibsky nannte den Menschen ein zeitgebundenes Tier.

Eine Kreatur die sich bewusst ist, dass seine Existenz, entlang der Linie von Zeit, von der Vergangenheit in die Zukunft verläuft.

Tiere dagegen leben viel mehr von Moment zu Moment.

Sie scheinen keine besonders ausgeprägten Erinnerungen zu haben.

Der Mensch nutzt dagegen sein ausgeprägtes Erinnerungsvermögen haben, um Erinnerungen an die Vergangenheit als Vision in die Zukunft zu projezieren.

Obwohl diese Fähigkeit dem Menschen die außergewöhnliche Fähigkeiten verleiht, sein Leben zu planen und sich für Eventualitäten vorzubereiten, bezahlt er einen extrem hohen Preis für diese Fähigkeiten.

Vor allem wenn er diese Fähgigkeit zu ernst nimmt.

In anderen Worten, wenn er nicht realisiert, das die tatsächliche Realtität in der er lebt, der gegenwärtige Augenblich ist.

Wir verwenden einen großteil unser Zeit und eine große Menge unserer emotionalen Energie, um gedanklich in der Zukunft zu leben.

Gedanklich irgendwo anders zu leben, als da wo wir jetzt sind. Also in einer Zukunft und an einem Ort der nicht wirklich real ist.

Wir leben gedanklich so sehr in der Zukunft und woanders, dass wir unglücklich sind, wenn es keine Garantie und kein Versprechen gibt, das morgen und in der fernen Zukunft ein gute Zeit kommt.

Selbst wenn die gegenwärtigen Umstände vollkommen in Ordnung sind und selbst in erfreulichen Momenten und wenn es gerade mit Allem aufwärts geht.

Und so entwickeln wir eine chronische Angst in Bezug auf Zeit.

Wir wollen uns mehr und mehr sicher sein, auf Grund unseres Gefühls in Bezug auf Zeit, dass unsere Zukunft sichergestellt ist.

Und aus disem Grund wird die Zukunft wichtiger für die meisten Menschen, als der gegenwärtige Moment.

In diesem Sinne hängen wir am Haken und werden wir hineingezogen in die Illusion.

Es ist von keinem großen Wert für uns die Zukunft planen und kontrollieren zu können, wenn wir nicht zeitgleich voll und ganz im gegenwärtigen Moment leben können.

Erinnerst Du Dich als Du zum ersten mal in die Schule gingst?

Oder als Du im Kindergarten warst.

Im Kindergarten war der Drang so schnell wie möglich in die Schule zu kommen.

Und in jeder Klasse war der Drang in die Nächste und möglichst bald aus der Schule zu kommen.

Dann warst Du in einer höheren Schule, vielleicht im Gymnasium und der Druck wurde größer, dass Du gut genug wirst, um studieren zu können.

Auf der Universität ging es immer noch weiter mit dem Drang die nächste Stufe und einen Abschluss zu erreichen.

Und dann wenn Du hinausgehst in diese berühmte Welt, kommt das abmühen für Erfolg und Beruf und Geschäft.

Und wieder scheint es eine Leiter vor Dir zu geben.

Etwas was Du die ganze Zeit zu ergreifen versuchst.

Und plötzlich, wenn Du 40 oder 45 Jahre alt bist, in der Mitte des Lebens, wachst Du eines Tages auf Hmmm? – ich bin angekommen.

Und ich fühle mich eigentlich so, wie ich mich schon immer gefühlt habe.

Aber ich bin mir nicht so sicher, ob ich mich wenig betrogen fühle.

Weil Du erkennst, dass Du hereingelegt wurdest.

Du lebst immer für irgendwo anders als dort wo Du bist.

Und obwohl ich gesagt gabe, dass es von gewaltigem Vorteil für uns ist, fähig zu sein vorauszuschauen, bringt es uns nichts für eine Zukunft zu planen, wenn wir nicht dort sind wenn wir diese Zukunft erreichen, weil wir wieder in einer anderen Zukunft leben, die noch nicht angekommen ist.

Und so ist jemand nie in der Lage zu erleben und die Früchte seiner Aktivität zu genießen.

Du kannst überhaupt nicht leben, solange Du nicht vollumfänglich jetzt leben kannst.

Wenn es das Ziel von Musik wäre an einem bestimmten Punkt anzukommen, beispielsweise der grandiose Schluss-akkord einer Synphonie, würden wir das Spielen beschleunigen und so schnell wie irgendwie möglich spielen, um ans Ziel zu kommen.

Dann könnten wir gleich die ganze Synphonie herausschneiden und nur den letzten Teil spielen.

Das beste Orchester wäre das, das die Synphonie am schnellsten spielen kann.

Wenn wir fähig sein wollen die Synphonie zu genießen, müssen wir fähig sein, jeden Moment des Konzerts zu genießen und zu hören, als wäre es das einzige Wichtige auf der ganzen Welt.

Und wenn wir das tun, hat unsere Zeit eine komplett andere Qualität.

Eine buddhistische Redensart sagt, dass der Frühling nicht der Sommer wird. Es gibt den Frühlung und es gibt den Sommer.

Feuerholz verwandelt sich nicht in Asche. Es gibt Feuerholz und es gibt Asche. Die beiden Abschnitte sind eigenständig.

Die Botschaft dieser Redensart ist die Idee, sich vollständig dem gegenwärtigen Moment zu zuwenden und vollständig in diesem zu leben.

Für die meisten von uns ist der gegenwärtige Moment eine Haar-Linie auf einem Ziffernblatt.

Wenn wir die Markierung der Eisnstellscheibe daran vorbei drehen, gibt es nur eine kurzes aufblitzen und keinen weiteren Inhalt.

Ich erinnere mich, dass einmal ein sehr weiser Mann, der phylosophische Vorträge gehalten hat, zu Beginn eines Vortrages für eine ziemliche Weile still da saß und ins Publikum geschaut hat, um dann plötzlich recht laut und energisch rief \“Wacht auf!\“, \“Ihr seit alle fast eingeschlafen!\“, \“wenn Ihr nicht aufwacht halte ich keinen Vortrag!\“.

Und ein chinesischer weiser Mann zeigte auf Blumen, während er mit einem Freund sprach und sagte, die meisten Leute schauen auf diese Blumen als wären diese nicht da.

Buddha, sein realer Name war Gothama, wurde Buddha genannt, weil Budha \“der Aufgewachte\“ bedeutet, also der Mensch der aufwachte. In welchem Sinn war er aufgewacht? Er war aufgewacht im Sinne, dass er vollständig präsent in der Gegenwart war.

Schließlich sagen wir über eine verrückte Person, sie ist nicht vollständig hier oder nicht richtig anwesend.

Aber unsere gesamte Zivilisation ist verrückt, insofern sie so in Zeit inwolfiert ist, dass sie ausschließlich gedanklich in der Zukunft lebt. Diese Menschen sind ebenso nicht vollständig hier oder nicht richtig anwesend.

Wir sind nicht aufgewacht. Wir sind nicht in vollem Umfang lebendig jetzt.

Und als Konsequenz daraus sind wir so hungrig und gierig, weil uns alles weggenommen erscheint. Wir leben für eine Abstraktion die jetzt noch nicht existiert.

Und wir wissen nicht, was wirklich ist.